„Like a Prayer“ erschien am 3. März 1989 und markierte einen Wendepunkt in Madonnas Karriere. Als erste Single aus ihrem gleichnamigen vierten Studioalbum präsentierte es sich mit mutigen neuen Texturen – Pop-Rock, durchdrungen von Gospel, voller Sinnlichkeit und bereit, in allen Bereichen der Kultur einen Dialog anzustoßen. Unterstützt vom Andraé Crouch Choir und co-produziert mit Patrick Leonard, verschmolz der Track Genres und Emotionen wie kaum ein anderer im Pop der späten 80er.
Sound: Gospelfeuer trifft Rockbekenntnis
Der Track beginnt mit Ambient-Gitarre und Chorharmonien und steigert sich allmählich zu einem ekstatischen Mix aus Funk-Bass, Rockgitarre und Synthesizern. Madonnas Gesang wechselt von gedämpfter Verletzlichkeit zu gefühlvollem Ausruf, wobei der Gospel-Rhythmus sie mit jedem Refrain höher erhebt. Das musikalische Arrangement ist dramatisch, spirituell und tief melodisch.
Es ist ein seltener Popsong, der sich teils wie eine Hymne, teils wie ein Bekenntnis für die Tanzfläche anfühlt – eingehüllt in ein 5-minütiges emotionales Crescendo.
Text: Verlangen und Hingabe, göttlich und trotzig
Madonna beschrieb das Lied einmal als „ein Mädchen, das Gott so sehr liebt, dass er die männliche Figur in ihrem Leben ist“. Diese spirituelle Dualität durchdringt den gesamten Text. Mit Zeilen wie: “When you call my name / It’s like a little prayer / I’m down on my knees / I wanna take you there…” („Wenn du meinen Namen rufst / Es ist wie ein kleines Gebet / Ich knie nieder / Ich will dich dorthin bringen…“) verwischt sie die Grenze zwischen göttlicher Intimität und irdischem Verlangen und erzeugt so eine Spannung, die sowohl verführerisch als auch andächtig ist. Die Themen Erlösung, Ermächtigung und Erwachen finden sowohl persönliche als auch kollektive Resonanz.
Video: Kunst, Aktivismus und Feuerstürme im Vatikan
Das von Mary Lambert gedrehte Musikvideo entwickelte sich zu einem der umstrittensten und prägendsten visuellen Elemente der MTV-Ära. Es zeigt Szenen brennender Kreuze, Madonnas Stigmatisierung und eine Geschichte über Rassenungerechtigkeit und einen zu Unrecht inhaftierten Schwarzen. Das Video vermischt christliche Bilder mit eindringlichen gesellschaftlichen Kommentaren.
Der Vatikan verurteilte den Song entschieden, religiöse Gruppen protestierten und Pepsi zog eine fünf Millionen Dollar teure Werbekampagne zurück, in der das Lied verwendet wurde. Doch der Song gewann auch den Viewer’s Choice Award von MTV und trieb Madonnas künstlerisches Engagement voran.
Chart-Triumph: Kontroversen klangen noch nie so gut
Madonnas „Like a Prayer“ sorgte nicht nur für Kontroversen – es dominierte die Charts weltweit. In den USA stieg der Song auf Platz 38 der Billboard Hot 100 ein und kletterte schnell auf Platz 1, wo er ab dem 22. April 1989 drei Wochen in Folge blieb. Außerdem führte er die Hot Dance Music/Club Play Charts an, erreichte Platz 3 der Adult Contemporary Charts und landete auf Platz 20 der R&B/Hip-Hop Charts1. Die Single wurde im Mai 1989 von der RIAA mit Platin ausgezeichnet und war die meistverkaufte kanadische Single des Jahres.
International erreichte der Song Platz 1 in Großbritannien, wo er sich drei Wochen lang hielt und die zehntbestverkaufte Single des Jahres 1989 wurde. Auch in Australien, Neuseeland, Japan, Belgien, Irland, Norwegen, Schweden und der Schweiz erreichte er Platz 1. In den Eurochart Hot 100 hielt er sich beeindruckende 12 Wochen auf Platz 1. Insgesamt verkaufte sich „Like a Prayer“ weltweit über fünf Millionen Mal und festigte damit seinen Status als eine von Madonnas kommerziell erfolgreichsten und kulturell einflussreichsten Singles.
Vermächtnis: Pop-Transzendenz mit Sinn
Jahrzehnte später gilt „Like a Prayer“ als einer von Madonnas größten Songs – ein kultureller und musikalischer Meilenstein. Der Song steht auf der Rolling Stone-Liste der 500 besten Songs aller Zeiten, wurde während der AIDS-Krise als LGBTQ+-Hymne gefeiert und wird immer noch bei Großveranstaltungen wie der Unterzeichnungszeremonie des Respect for Marriage Act im Jahr 2022 gespielt.
Seine furchtlose Verschmelzung von Spiritualität, Sinnlichkeit und sozialer Gerechtigkeit trug dazu bei, neu zu definieren, was Pop sein kann – nicht nur Unterhaltung, sondern Ausdruck.
Quelle: TV80s