Am Montag (08. August) starb Olivia Newton-John, die größte Popsängerin der 70er-Jahre, Inbild der Schönheit, im Alter von 73 Jahren in Südkalifornien.
Die Aufregung, die 1978 um den Film „Grease“, um Olivia Newton-John und John Travolta herrschte, ist mit dem Begriff „Hype“ nur unzureichend beschrieben. Damals sagte man „Fieber“. Es war der Beginn einer Phase bis zum Anfang der 80er-Jahre, in der Olivia-Newton-John wie von Zauberhand alles gelang. Sie verkürzte ihren Namen zu Olivia: Nur EINE Frau konnte damit gemeint sein.
Aber Olivia Newton-John war auch vor „Grease“ ein Star. Sie wurde am 26. September 1948 in Cambridge als Tochter eines walisischen Deutschlehrers und einer deutschen Mutter geboren, der Tochter des Quantenphysikers (und Nobelpreisträgers) Max Born. Als Olivia fünf Jahre alt war, emigrierte die Familie nach Melbourne, wo sie als Zwölfjährige einen Gesangswettbewerb gewann. Sie gründete die Girlgroup Sol Four.
Erstaunliche Musikkarriere
Als Produzent ihrer frühen Platten traf John Farrar seltsame, aber konsequente Entscheidungen: Für ihr erstes Album suchte er Bob Dylans gerade veröffentlichten Song „If Not For You“ (von „New Morning“) aus und nannte das Album so. Das Country-Traditional „Banks Of the Ohio“ sang sie auch auf deutsch („Unten am Fluss, der Ohio heißt“), natürlich ohne englischen Akzent: Tochter einer deutschen und eines Deutschlehrers!
Farrar produzierte weiterhin Hybride aus Folk-Pop und Country – George Harrisons „What Is Life“ (1972) und John Denvers „Take Me Home, Country Roads“ (1973). Ihre Platte „Music Makes May Day“ wurde 1973 für die USA zu „Let Me Be There“ umgewidmet. Für den gleichnamigen Song wurde sie für die „Best Country Vocal Performance“ ausgezeichnet. Dieses Stück und die folgenden Singles „If You Love Me, Let Me Know“, „I Honestly Love You“ und „Have You Never Been Mellow“ etablierten sie bis 1975 in den USA.
Ein Jahr zuvor war sie für Großbritannien beim Song Contest mit „Long Live Love“ aufgetreten und wurde Vierte. Es war das Jahr von „Waterloo“. Fünf Jahre später lud sie ABBA zu einem, ihrem amerikanischen TV-Special ein, bei dem Andy Gibb der Dritte im Bunde war. Wenn man sehen will, was Fernseh-Entertainment 1979 bedeutete, muss man diese einstündige Choreografie auf einem Laufsteg zwischen bizarren Papp-Kulissen sehen.
Das Album „Have You Never Been Mellow“ belegte 1975 Platz eins in den USA (und Platz 37 in England und gar keinen Platz in Deutschland). In schneller Folge veröffentlichte sie die nächsten, allesamt moderat-manierlichen Platten mit drolligen Popsongs und Balladen: „Clearly Love“, „Come On Over“, „Don’t Stop Believin’“, „Making A Good Thing Better“. Aber erst „Totally Hot“ war Ende 1978 ein sensationeller Verkaufserfolg.
Romantisierung des Rock’n’Roll
In der Zwischenzeit war „Grease“ passiert, das Highschool-Musical schlechthin. „Grease“ (auf der Bühne zuerst 1971 aufgeführt) romantisiert den Rock’n’Roll und die Bandenkultur 50er-Jahre, es ist die herzzerreißende Bonbonversion von „Rebel Without A Cause“. Der Produzent Alan Carr verpflichtete Newton-John als Sandy Olsson, nachdem Susan Dey abgesagt hatte. Für Danny Zuko, den Jungen mit der Pomade, wurde John Travolta engagiert, seit „Saturday Night Fever“ die heißeste Besetzung Hollywoods.
Die Musik schrieb – neben Barry Gibb – Olivias Produzent John Farrar. „You’re The One That I Want“ und „Hopelessly Devoted To You“, „Sandy“ und „Summer Nights“ sind unwiderstehliche Hits. Newton-John und Travolta sind so entzückend, dass man 1979 auf deutschen Schulhöfen lauter kleine Sandys und Westentaschen-Dannys sehen konnte.
Das Filmmusical „Xanadu“, eine Liebesarbeit von Jeff Lynne, war 1980 ein veritabler Flop (der Titelsong aber ein Hit). Immerhin, Olivia Newton-John tanzt mit Gene Kelly in dessen letzten Film. Ein Jahr später erschienen die Single, das Album und das Video, an die sich jeder erinnert: „Physical“, ein Erdbeben. Newton-John beschreibt in ihrer Autobiografie die Diskussionen vor der Veröffentlichung darüber, dass „Physical“ in Verbindung mit dem Cover-Foto womöglich etwas gewagt sein könnte. Tatsächlich wurde der Song von einigen amerikanischen Radiosendern gebannt – und belegte zehn Wochen Platz eins der amerikanischen Charts, so lange wie keine andere Single in den 80er-Jahren.
1984 heiratete Newton-John den Tänzer Matt Lattanzi. Mit der alten Freundin Pat Carroll gründete sie die Forma Koala Blue, die typisch australische Lebensmittel in die USA importierte. Platten erschienen in immer größeren Abstände – für „The Rumour“ (1988), ihrem besten späteren Album, hatte Elton John den Titelsong geschrieben. Nachdem Brustkrebs diagnostiziert worden war, erholte sich Newton-John in Australien und engagierte sich mit einer Stiftung. Das Album „Gaia: One Woman’s Journey“ (1994) handelt von ihrer Beschäftigung mit der Krankheit. „To feel the comfort from inside“, hatte sie in „Have You Never Been Mellow“ gesungen.
Sporadisch gab sie weiterhin Konzerte und trat 2016 en suite in Las Vegas auf. Im selben Jahr erschien ein Album mit der amerikanischen Sängerin Beth Nielsen Chapman und „Friends For Christmas“, eine Sammlung von Weihnachtsliedern mit dem Australier John Farnham. Sie schrieb eine uneitle Autobiografie, in der sie viel von der Mutter, dem Vater, dem Großvater, dem Farmleben erzählt und den mittlerweile schlecht beleumundeten John Travolta als hilfreichen und einfühlsamen Partner bei „Grease“ lobt.
Und nein, sie hatten keine Liebesaffäre.
Am Montag starb Olivia Newton-John, die größte Popsängerin der 70er-Jahre, Inbild der Schönheit, im Alter von 73 Jahren in Südkalifornien.