80s – Eurythmics –
„I Need A Man“
(Dezember 1987)

Im März 1988 veröffentlichten Annie Lennox und Dave Stewart „I Need a Man“ als erste Single aus ihrem sechsten Album „Savage“. Nach Jahren eleganter Synthie-Pop-Meisterwerke reduzierten sie alles auf ein Minimum und schufen einen Blues-Rock-Song, der einen vom ersten knurrenden Gitarrenriff und Annies theatralischem Knurren an fesselte. Der Track, den das Duo gemeinsam geschrieben und produziert hat, tauscht Drumcomputer gegen wummernde Live-Drums und glänzende Pads gegen schneidende Gitarren – ein mutiger Tempowechsel, der signalisierte, dass das Duo keine Angst davor hatte, auch mal etwas rauer zu werden.

Eurythmics – Ich brauche einen Mann

Eine temperamentvolle, feministische Ironie

Hinter dem Macho-Gehabe des Songs verbirgt sich ein ironischer Twist. Lennox sagte, „I Need a Man“ sei aus dem feministischen Spruch “A woman needs a man like a fish needs a bicycle.” („Eine Frau braucht einen Mann wie ein Fisch ein Fahrrad“) entstanden. Statt echte Sehnsucht zu bekunden, verspottet ihr Erzähler oberflächliche, übergepflegte Verehrer – “don’t you shave your legs, don’t double-comb your hair” („Rasier dir nicht die Beine, kämm dir nicht die Haare“) – und fordert stattdessen pure Ehrlichkeit und Stärke. Annies androgynes Image – mal Cowboyhut, mal Marilyn-Monroe-Perücke – macht die gesamte Performance zu einem mutigen Statement zu Gender und Authentizität.

Eine dreiteilige visuelle Saga

Regisseurin Sophie Muller hat „I Need a Man“ in das visuelle Savage-Konzept integriert, das sie mit „ Beethoven (I Love to Listen to) “ begonnen hatte. Das Video beginnt mit einer steifen, gelangweilten Hausfrau, wechselt dann zu Annie, die in einem weißen Kleid und einer blonden Perücke einen verrauchten Club stürmt, und wechselt dann abrupt zu ihrer Punk-Rebellen-Persönlichkeit, die mit grimmiger Verachtung ihre Texte ausspuckt. Da fast kein Publikum in Sicht ist, fühlt es sich an wie eine private Schimpftirade, die öffentlich gemacht wurde – eine verstörende, unvergessliche Momentaufnahme einer Frau, die verlangt, gehört zu werden.

Charts, Clubs und Community

„I Need a Man“ war zwar nicht gerade die chartstärkste Version der Eurythmics, hinterließ aber dennoch Spuren. In Großbritannien stieg der Song auf Platz 31 ein, erreichte Platz 26 und blieb fünf Wochen in den Singlecharts. In den USA kletterte er auf Platz 46 der Billboard Hot 100, während er in Irland, Neuseeland und Belgien die Plätze 23, 19 und 35 erreichte. Auch in Clubs kam der raue Groove gut an, und in der Queer-Szene – die bereits von Lennox‘ grenzüberschreitender Persönlichkeit begeistert war – wurde der Track zu einer trotzig-stärkenden Hymne.

Warum es immer noch durchdringt

Jahrzehnte später, wenn Annies Stimme von brodelnder Hitze zu glühender Hitze übergeht – „ I don’t care about the way you look “ –, trägt sie immer noch den Nervenkitzel der Rebellion in sich. „I Need a Man“ ist der Beweis dafür, dass Eurythmics die Elektronik herunterdrehen, die Härte aufdrehen und trotzdem Aufmerksamkeit erregen konnten. Es ist ein glühendes Stück Bildersturm der späten 80er, das uns daran erinnert, warum Annie Lennox und Dave Stewart bis heute zwei der mutigsten Architekten des Pop sind.

Quelle: TV80s