In den späten 80ern hatte sich Chicago bereits mehr als einmal neu erfunden – sie begannen als Jazz-Rock-Pioniere mit einer umwerfenden Bläsersektion und entwickelten sich dann zu Soft-Rock-Hitmachern. Doch mit „Look Away“ im Jahr 1988 entschieden sie sich voll und ganz für die Power-Ballade und landeten ihren dritten und letzten Nummer-1-Hit in den US Billboard Hot 100. Dieser Song klang ganz anders als das klassische Chicago, und genau darum ging es!
Eine neue Stimme, ein neuer Sound
„Look Away“, geschrieben von der legendären Diane Warren und produziert von Ron Nevison, war die zweite Single aus ihrem Album „Chicago 19“. Diesmal übernahm Bill Champlin den Gesang – eine Abkehr von den Hits der frühen 80er Jahre mit Peter Cetera an der Spitze. Champlin, der seit 1981 bei der Band war, verlieh dem emotionalen Kern des Songs einen raueren, geerdeteren Ton.
Der Track setzte Chicagos Abkehr von ihren typischen Blechbläser-Arrangements konsequent fort. Tatsächlich hört man hier überhaupt keine Bläser – nur schwebende Synthesizer, große Trommeln und eine Melodie, wie geschaffen für das Late-Night-Radio. Es war eine klare, bewusste Hinwendung zum geschliffenen Pop-Rock-Sound, der damals die Charts beherrschte.
Die Geschichte hinter dem Lied
„Look Away“ erzählt die Geschichte eines Menschen, der versucht, stark zu bleiben, nachdem er erfahren hat, dass sein Ex weitergezogen ist. Hier ist keine Wut zu spüren, nur stille Verzweiflung. „ If you see me walking by / And the tears are in my eyes / Look away, baby, look away “, singt Champlin. Es ist ein Trennungslied, das weder bettelt noch beschuldigt – es tut einfach nur weh.
Warren ließ sich von einer wahren Begebenheit inspirieren: einem Freund, dessen Ex-Frau erneut heiratete, obwohl er insgeheim immer noch hoffte, dass die beiden wieder zusammenkommen würden. Diese unverfälschte, emotionale Ehrlichkeit verhalf dem Song zu einer echten Verbindung mit den Zuhörern und machte ihn zu einem von Warrens ersten Blockbuster-Hits.
Fast ein billiger Trick-Tune?
Hier noch eine lustige Kleinigkeit: „Look Away“ wurde ursprünglich Cheap Trick angeboten! Doch die Band lehnte ab und entschied sich stattdessen für eine andere Ballade von Diane Warren, „The Flame“. Interessanterweise landeten beide Songs auf Platz 1 – allerdings nicht für dieselbe Band. Was für eine Fügung des Schicksals!
Chartdominanz und Vermächtnis
„Look Away“ erschien im September 1988 und führte im Dezember zwei Wochen lang die Billboard Hot 100 an. Unglaublicherweise landete es 1989 auf Platz 1 der Charts. Auch in Kanada erreichte es Platz 1 und in mehreren europäischen Ländern die Top 20.
Für Chicago war es ein riesiger kommerzieller Triumph – auch wenn es überhaupt nicht wie die Band klang, die uns „25 or 6 to 4“ oder „Saturday in the Park“ geschenkt hat. Es zeigte, dass sie sich weiterentwickeln, anpassen und auch nach fast zwei Jahrzehnten noch die Charts anführen konnten.
Quelle: TV80S