„One More Night“ erschien im Januar 1985 in den USA und im April 1985 in Großbritannien und markierte einen entscheidenden Moment in Phil Collins‘ Solokarriere. Nach dem großen Erfolg von Songs wie „In the Air Tonight“ und „Against All Odds“ besann sich Collins auf seine Stärke, emotionale, langsame Hits zu liefern. Der Song war die erste Single in den USA und die zweite Single in Großbritannien aus seinem dritten Soloalbum „No Jacket Required“ und wurde mit seiner zurückhaltenden Verletzlichkeit sofort zum Klassiker.
Das gemeinsam mit Hugh Padgham produzierte Lied etablierte Collins weiter als den unangefochtenen König der introspektiven Popballaden seiner Zeit.
Aus Improvisation geboren
Der Track entstand spontan. Während er auf einer Roland TR-808 Drum Machine herumprobierte, fand Collins die Phrase „One More Night“ und baute kurzerhand einen Song darum herum. Später gab er zu, es sei einer seiner schnellsten Songs gewesen. Die Produktion ist minimalistisch, aber bewusst – unterlegt mit einem warmen Yamaha DX7 E-Piano, sanfter Drum-Programmierung und einem melancholischen Altsaxophon-Solo von Don Myrick von den Phenix Horns.
Unterstützt werden Collins‘ Gesang und Songwriting durch Daryl Stuermer an der Gitarre, Leland Sklar am Bass und die Streicharrangements von Arif Mardin. Padghams Produktionsansatz – „weniger ist mehr“ – ließ jedes Element atmen und verlieh dem Song seine emotionale Tiefe.
Texte stiller Verzweiflung
Collins‘ Songwriting ist hier am zartesten.
“One more night / Give me just one more night.” Es ist eine einfache Bitte, voller Verletzlichkeit. Statt dramatischer Erklärungen spricht er ein sanftes Plädoyer für Verbundenheit – wodurch der Song sowohl persönlich als auch universell wirkt. Der Gesang ist gefühlvoll, ohne übertrieben zu wirken, und diese Zurückhaltung ist der Schlüssel zu seiner Kraft.
Es versucht nicht zu beeindrucken, es möchte einfach nur gefühlt werden.
Eine Kneipenballade in Sepia-Tönen
Das von Jim Yukich gedrehte Musikvideo zeigt Collins in einer einsamen Londoner Bar – dem Princess Victoria in Shepherd’s Bush –, wo er den Song am Klavier spielt. Das Video ist in Sepia gehalten und spiegelt die visuelle Stimmung von „Sussudio“ wider. Es ist zurückhaltend und warm und passt perfekt zum leisen Schmerz des Tracks.
Die Bilder verstärken die Erzählung: ein Mann, der nachdenkt, hofft und lange an Orten bleibt, die ihm emotional vertraut vorkommen.
Charterfolg und globale Reichweite
„One More Night“ kletterte an die Spitze der Billboard Hot 100 und hielt sich im März und April 1985 zwei Wochen lang auf Platz eins. Es führte auch die US-amerikanischen Adult Contemporary-Charts und die kanadischen RPM Top Singles an und wurde nach „Against All Odds“ Collins‘ zweiter US-Chart-Topper. In Großbritannien erreichte es Platz vier und war in ganz Europa und Ozeanien erfolgreich – Platz zwei in Australien, Platz fünf in Neuseeland und Irland, Platz sechs in Österreich und der Schweiz und Platz zehn in Deutschland.
Der Song erhielt Gold-Zertifizierungen in den USA und Neuseeland sowie Silber in Großbritannien und Frankreich und reiht sich damit in Collins‘ stetig wachsende Liste an Auszeichnungen ein. Er war auch in Martin Scorseses „Die Farbe des Geldes“ zu hören und auf jeder größeren Collins-Kompilation zu finden, von „Hits“ bis „Love Songs“.
Immer noch durch die Jahre hallend
Ob im Nachtradio oder in einen Filmmoment integriert, „One More Night“ berührt noch immer. Jahrzehnte später bleibt es ein Maßstab für emotionale Klarheit im Pop-Songwriting – ein leiser Sturm, der nie seine Kraft verloren hat.
Quelle: TV80s