Sobald die ersten Töne von Sweet Home Alabama erklingen, wissen Musik-Fans Bescheid: Jetzt sind Lynyrd Skynyrd dran, die Koryphäen des Southern Rock. Mit dem Song landet die Band Mitte der Siebziger den größten Hit ihrer jahrzehntelangen Karriere — nach einer Steilvorlage von Folk-Legende Neil Young.
Mit ihrem erdigen Southern Rock fangen Lynyrd Skynyrd ab 1964 die Stimmung einer ganzen Generation in den Südstaaten ein. Die Jugend im US-Süden ist damals von den konservativen Werten ihres Elternhauses beeinflusst, aber auch von den großen Umbrüchen der Sechziger. Viele Teenager in Texas und Co. bemühen sich um ein neues Image, weg vom Bürgerkrieg und der Befürwortung der Sklaverei, hin zu einer offeneren Gesellschaft. Als Folk-Musiker Neil Young in seinen Songs Southern Man und Alabama dennoch auf pauschale Weise von einem Süden berichtet, in dem Schwarze ausgepeitscht und Ku-Klux-Klan-Kreuze entzündet werden, möchten Lynyrd Skynyrd nichts davon hören — und geben ihm eine passende Antwort, die zum größten Hit der Band werden soll.
Sweet Home Alabama: Mega-Hit mit deutlicher Botschaft
Selten war ein Text eindeutiger: „Well, I heard Mr. Young sing about her“, berichtet Lynyrd-Skynyrd-Frontmann Ronnie Van Zant im Text von Sweet Home Alabama über seine Heimat, die Südstaaten. „Well, I heard ol’ Neil put her down.“ Das kann Van Zant nicht auf sich sitzen lassen und gibt Young folgenden Ratschlag mit auf den Weg: „Well, I hope Neil Young will remember / A Southern man don’t need him around, anyhow“. Übersetzt bedeutet das so viel wie: Geh weg und lass uns mit deinen Quatsch-Ansichten in Ruhe. Ob Young darauf hört? Dazu kommen wir gleich noch. Übrigens stammen Lynyrd Skynyrd gar nicht aus Alabama, sondern aus Florida und Kalifornien. Sie wählen den Staat als Beispiel für den Süden der Vereinigten Staaten aus. Das hat einen Grund.
In den Sechzigern und Siebzigern steht Alabama für Rassenhass und Segregation wie kaum ein anderer Ort in den USA. So spielt sich die legendäre Protestaktion der Afroamerikanerin Rosa Parks, die sich im Bus bewusst ins „weiße Abteil“ setzt und dafür verhaftet wird, in Montgomery ab, der drittgrößten Stadt Alabamas. All das ist auch der Grund dafür, dass die Schwarze Background-Sängerin Merry Clayton zunächst abwinkt, als ihre Kollegin Clydie King fragt, ob sie den Song namens Sweet Home Alabama mitsingen möchte. „Ich fragte Clydie, ob sie das ernst meint“, berichtet Clayton später. „Ich sagte ihr: Ich singe ganz bestimmt nichts über irgendein schönes Alabama von irgendwem.“ Später übernimmt sie den Job doch und sieht ihren Beitrag als musikalischen Protest.
Lynyrd Skynyrd vs. Neil Young
Bleibt die Frage, was eigentlich Neil Young zur Reaktion von Lynyrd Skynyrd sagt. In seiner Autobiografie Waging Heavy Peace von 2012 schreibt er: „Alabama hat den großartigen Seitenhieb von Lynyrd Skynyrd verdient. Wenn ich das Lied heute höre, gefällt mir der Text nicht mehr. Er zeigt mit dem Finger auf andere, ist herablassend, war nicht durchdacht und kann leicht missverstanden werden.“ Lynyrd Skynyrd formulieren es ähnlich: „Wir hatten das Gefühl, dass Neil auf alle Enten schießt, um eine oder zwei von ihnen zu töten“, gibt Sänger Ronnie Van Zant in einem Interview mit dem Rolling Stone zu Protokoll. Ein gutes Ende nimmt die Geschichte dennoch und Lynyrd Skynyrd landen mit der Nummer den größten Hit ihrer Karriere.
Mit Sweet Home Alabama gelingt Lynyrd Skynyrd ohne große Umschweife der achte Platz in den US-amerikanischen Charts und sie feiern damit nicht weniger als den größten Erfolg ihrer Karriere. Kein Wunder: Das Gitarrenriff könnte nicht eingängiger sein und die Gesamtstimmung, trotz ernster Botschaft, nicht sommerlicher. Sweet Home Alabama ist so etwas wie der „Signature Song“ von Lynyrd Skynyrd, also als das Stück, das den Sound der Band definiert. Wirklich jeder erkennt die Nummer innerhalb von Sekunden, sogar mehr als fünf Jahrzehnte nach der Veröffentlichung. Und 2008 fängt Sweet Home Alabama sogar noch einmal mehr das Gefühl einer ganzen Generation ein: als Teil des Sommer-Hits All Summer Long von Kid Rock.
Quelle: UDiscover-Music.de